Process Mining ist eine Technologie zur Sammlung und Analyse von Daten aus Geschäftsprozessen. Durch die Erkenntnisse aus der Datenanalyse lassen sich die Geschäftsprozesse an verschiedenen Stellen optimieren. Dies kann Unternehmen unter anderem folgende Vorteile bringen:
- Höhere Effizienz und Produktivität
- Steigerung der Mitarbeiterzufriedenheit
- Verringerung der laufenden Kosten
- Automatisierung einzelner Prozessschritte oder kompletter Prozesse
- Optimierung der Produktqualität
Je nachdem, auf welche Geschäftsprozesse das Process Mining angewendet wird, variieren die Vorteile. In den folgenden Abschnitten geben wir mehrere Anwendungsbeispiele für Process-Mining-Techniken in Unternehmen.
Vorab weisen wir darauf hin, dass zur Anwendbarkeit der Technologie die Voraussetzungen für Process Mining, über die wir im verlinkten Blog-Beitrag geschrieben haben, erfüllt sein müssen. Lesen Sie also gegebenenfalls den Beitrag, um sicherzugehen, dass Sie die Bedingungen zur Nutzung von Process Mining in Ihrem Betrieb erfüllen.
Anwendungsbeispiel: Optimierung von Bestellprozessen
Ein häufig auftretendes Problem bei Bestellprozessen sind Verzögerungen. Gelegentlich liegen die Fehler beim Versand, der bestellte Ware nicht pünktlich ausliefert. Manchmal verläuft die Produktion der Ware zu langsam, oder die Ursache für Verzögerungen liegt in einem der Produktion vorgeschalteten Prozess.
Zur Analyse der Ursachen wird der gesamte Bestellprozess in der Process-Mining-Software in seine Bestandteile (also die einzelnen Teilprozesse) zerlegt. Jeder Prozess wird von der Software durchleuchtet. Dabei könnte beispielsweise aufgedeckt werden, dass die Produkte nicht rechtzeitig an Kunden geliefert werden können, weil die Produktion zu lange dauert. Wieso das so ist? Die Software findet die Antwort:
- Immer wieder fehlen einzelne Teile für die Herstellung der Produkte. Folglich steht die Produktion still.
- Bei einer Analyse der Prozessschritte kommt heraus, dass die Genehmigung zur Nachbestellung von Produktionsteilen mehrere Tage in Anspruch nimmt.
- Somit liegt die Kernursache für den verzögerten Lieferprozess in der unnötig langen Freigabe von Genehmigungen zur Nachbestellung von Produktionsteilen.
Zur Optimierung des Prozesses können Unternehmen die betriebsinterne Kommunikation anpassen. Beispielsweise könnten die Hierarchien flacher gestaltet oder die Freigabe von Genehmigungen zur Nachbestellung von Produktionsteilen automatisiert werden.
Die Vielfalt an möglichen Ineffizienzen und Fehlern im Rahmen von Bestell- und Lieferprozessen ist groß. Vor allem in Anbetracht des modernen Umfelds von Unternehmen, das sich ständig dynamisch wandelt, sollten Unternehmen auch die externen Einflüsse in die Prozessanalyse einbeziehen – wie zum Beispiel Preisänderungen durch Lieferanten.
Dabei hilft die Process-Mining-Software, die externe Einflüsse auf die Prozesse ebenfalls in Analysen einbezieht. Die einzige Voraussetzung für die Anwendbarkeit ist, dass die Prozesse digitalisiert sein müssen.
Behebung komplexer Probleme in IT-Systemen
Es existieren zwei Arten von Process Mining: das klassische Process Mining und das Object-Centric Process Mining (OCPM). Im klassischen Process Mining lassen sich nur einzelne Prozesse mit klar definiertem Anfang und Ende (End-to-End-Prozesse) betrachten. Das OCPM eignet sich seinerseits zur ganzheitlichen Betrachtung von Prozessen, wobei unter anderem Zusammenhänge und Schnittstellen zwischen den Prozessen berücksichtigt werden.
Bei der Nutzung eines Process-Mining-Tools mit OCPM können komplexe Probleme in IT-Systemen aufgedeckt werden. Man stelle sich dazu das folgende Beispiel vor: Die Rechnungen werden von einem Unternehmen des Öfteren mit ein paar Tagen Verspätung gezahlt. Als Folge dessen sind einige Partner des Unternehmens verstimmt. Erst durch die Anwendung eines Process-Mining-Tools fällt dem Unternehmen das Problem auf:
- Das Process-Mining-Tool ermittelt, dass es im Durchschnitt bei jeder vierten Rechnung zu einer verspäteten Zahlung kommt.
- Ein Grund ist die verspätete Buchung von Rechnungen in der Buchhaltungs-Software. Doch wieso werden die Rechnungen zu spät gebucht?
- Durch eine weitere Analyse der Geschäftsprozesse stellt sich heraus, dass die Rechnungsdaten aus dem E-Mail-Programm, über das die Rechnungen empfangen werden, fehlerhaft von der Buchhaltungs-Software erfasst werden.
- Ein Grund ist eine fehlerhafte Programmierung der Schnittstelle zwischen E-Mail- und Buchhaltungsprogramm.
Process-Mining-Tools mit OCPM sind eine ausgereifte Technologie, die – wie man am Beispiel sehen konnte – auch Fehler an den Schnittstellen zwischen verschiedenen Anwendungen ermitteln. Vor allem bei komplexen Problemstellungen ist es unausweichlich, Process-Mining-Software mit fortschrittlicher Technologie zu verwenden. Sie ermöglicht eine ganzheitliche Analyse der Geschäftsprozesse und eine Behebung von Fehlern direkt an der Wurzel.
Automatisierung einzelner Schritte und Aufgaben
Ein Prozess umfasst mehrere Schritte bzw. Aufgaben. Womöglich lassen sich nicht alle Schritte automatisieren. Doch die Erfahrung lehrt, dass zumindest ein geringes Automatisierungspotenzial bei den meisten Geschäftsprozessen vorhanden ist. Häufig gehen Automatisierungen mit einer Reduktion der Fehler bei der Prozessausführung einher. Denn die meisten Fehler unterlaufen den Ausführenden bei einer manuellen Ausführung von Aufgaben.
Das Task Mining ermöglicht die Erfassung von Benutzerinteraktionsdaten auf Desktops. Bei der Auswertung der Nutzeraktivitäten werden Automatisierungsmöglichkeiten offengelegt. Dafür kommt eine als Process Discovery bezeichnete Technologie zum Einsatz. Auf dem Markt gibt es Software, in der das Process Mining und das Task Mining zu einer leistungsstarken Gesamtlösung kombiniert sind.
Um diesen Aspekt mit den vorherigen Ausführungen zu verknüpfen: Eine Software mit Process Mining und Task Mining würde erkennen, dass sich die Freigabe von Genehmigungen zur Nachbestellung von Produktteilen automatisieren lässt.
Unternehmen könnten daraufhin zum Beispiel ein Programm nutzen, das die Bestandsdaten im Lager mit der angeforderten Nachbestellung vergleicht. Das Programm würde erkennen, dass die angeforderten Produktteile tatsächlich im Lager fehlen, und schließlich die Bestellung freigeben.
Einsatz von Process Mining im Compliance-Bereich
Unternehmen sind in verschiedenen Bereichen an rechtliche Vorschriften gebunden. Process Mining kann bei der Einhaltung dieser Vorschriften unterstützen und somit zur Gewährleistung der Compliance beitragen. Beispielsweise kann die Art, wie im Rahmen von Geschäftsprozessen mit den Daten von Kunden umgegangen wird, im Fall einer entsprechenden Process-Mining-Lösung mit den rechtlichen Vorschriften abgeglichen werden.
Bei einer Process-Mining-Software mit integriertem Task Mining ist es möglich, auszuwerten, ob die Mitarbeiter eines Unternehmens bei ihren einzelnen Arbeitsaufgaben gemäß den Vorschriften handeln. So könnte die Software etwa erkennen, dass Mitarbeiter auf Daten zugreifen können, zu deren Einsicht sie eigentlich keine Befugnis haben. Zur Optimierung würde das Unternehmen die Zugriffsrechte neu definieren und den Fehler beheben.
Einsatzbereiche für Process Mining
Die Anwendungsbeispiele haben gezeigt, auf welche Weise Process Mining zur Identifizierung von Inneffizienzen und Verbesserung der Prozesslandschaft eingesetzt werden kann. Nach dem Einblick in die Anwendungsbeispiele und Funktionen von Process-Mining-Tools möchten wir abschließend einige Einsatzbereiche fürs Process Mining aufführen:
- Prozesse zur Entscheidung über Finanzierungen
- Beschaffungsprozesse
- Qualitätsmanagement
- Verwaltung
- Dienstleistungsprozesse
- Planung der Produktion
- Management von Ressourcen (z. B. in Anbindung an Enterprise-Resource-Planning-Systeme)
- Wartung von Anlagen
- Anmeldung von Personen
- Erteilung von Genehmigungen
- System-Migration von einem IT-System zum anderen
- Prüfung der Einhaltung rechtlicher Vorschriften
- Verbesserung des Feedbacks an Mitarbeiter durch transparenten Einblick in Daten
Im Gegensatz zum Data Mining ermöglicht das Process Mining dynamische Analysen von sich ändernden Prozessen. Damit erweitert es die Spielräume zur Verbesserung in Unternehmen und fördert die Entwicklung hochqualitativer Geschäftsprozessmodelle.